Michael Pand

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Oderich von Portenau, der erste österreichische Weltreisende
 

Vor rund 680 Jahren, zwischen 1314 und 1321, marschierte ein Franziskanermönch namens Odoricus de Portu Naonis von seiner Heimatstadt Portenau in Kärnten (jetzt: Pordenone in Friaul) zu Fuß bis nach Peking und kehrte nach insgesamt 16jähriger Reise nach Europa zurück, wo er seinen Reisebericht in lateinischer Sprache, nur wenige Jahre nach dem Tod Marco Polos, einem Ordensbruder diktierte. Bald danach verstarb er.

Daß dieser aus österreichischer Sicht früheste Weltreisebericht und sein Verfasser bis heute hierzulande weitgehend unbekannt blieben könnte man als "fatum austria cum", als österr. Schicksal bezeichnen. Zwar schrieb bereits 1340 ein Prager Minorit (lat."die Minderen") namens Heinrich von Glatz eine Überarbeitung des Berichts, 1359 erschien eine mittelhochdeutsche Fassung von Konrad Steckel, es folgten italienische und französische Übersetzungen, Kopien und sogar Plagiate bereits im 14.Jh., (beispielsweise von Sir John von Mandeville, der diese Reise als seine eigene ausgab), doch erst in der Neuzeit erfuhr der bescheidene Mönch durch Ferdinand von Richthofen und dem englischen Forschungsreisenden Henry Yule posthum wissenschaftliche Würdigung. 1755 wurde er seliggesprochen.

Das Geburtshaus Oderichs befindet sich in einem kleinen Dorf namens Villanove in der Nähe von Pordenone, der Bezirkshauptstadt die damals zu Kärnten und somit zu den Babenbergern gehörte und erst später, 1508, an Venedig fiel.

Obgleich das genaue Geburtsdatum zwischen 1265 und 1286 nicht bekannt ist, wissen wir, daß er in jungen Jahren dem Franziskanerkonvent in Udine beitrat. Sein Leben unter den Minoriten war asketisch, der Vita ist zu entnehmen, daß er als Einsiedler in den Wäldern bei Udine lebte, bevor er sich zur Heidenmission auf die lange Orientreise begab.

Die erste Station von der das Tagebuch berichtet ist Trapezunt (jetzt: Trabzon), eine nordtürkische Hafenstadt am Schwarzen Meer. Bereits im ersten Kapitel des Reiseberichtes wird klar, daß wir es mit einem mittelalterlichen Text zu tun haben, der dem modernen Leser keine chronologische Information, sondern wundersame Anekdoten und Mirabilien hinterlässt: es beginnt mit "Rebhühnern, die durch die Luft geführt werden". Im Osten der Türkei sieht er einen Berg, auf dem er die Arche Noah vermutet. Weil er von der Bevölkerung vor möglicher Gotteslästerung gewarnt wird besteigt er ihn nicht. Die Fußreise führt ihn weiter nach Täbris im Iran, das er als "die geeignetste Handelsstadt der Welt bezeichnet, denn die ganze Welt treibt Handel mit jener Stadt".

Oderich von Portenau wandert, teilweise mit Karawanen, durch Persien, das er als "Sarazenenland" bezeichnet in Richtung Hormuz, einer kleinen Insel und Hafenstadt am Eingang zum Persischen Golf, von der damals die meisten Schiffe nach Indien lossegelten. 250 Jahre später finden wir ebendort 2 weitere österr. Weltreisende, Hans Christoph von Teufel von Krottendorf Freiherrn von Guntersdorf-Eckhartsau und Georg Christoph Fernberger von Egenberg, wobei letzterer 1589 alleine weiter bis ins Reich Pegu, das heutige Myanmar, reiste. Lange Zeit galt Fernberger als der erste österr. Weltreisende.

Noch ist Oderich in Persien, das vom mongolischen Kaiser Il-Khan Abu Said (1317-1335) beherrscht wurde. Fast alle der von ihm besuchten Städte haben mittlerweile unterschiedlich stark geänderte Namen, "Cassam" ist nun Kashan zwischen Teheran und Isfahan. Oderich glaubt, ähnlich wie Marco Polo, daß es die Stadt ist, aus der die Heiligen Drei Könige stammen. Wir erfahren vom "Reiche Chaldäa", einem Gebiet das das südliche Mesopotamien bzw. Baghdad bezeichnet, und "wo die Frauen nur ein Untergewand und Hosen tragen und die Geschlechtsteile der Männer wegen der großen Hitze bis auf die Waden herunterhängen. Ihre Schiffe sind nur mit Pech und ohne jede Eisenteile zusammengefügt".

Als Oderich in Thana, in der Nähe des heutigen Bombay (Mumbay) an Land ging,findet er 4 tote Franziskanermönche vor, die als Märtyer hingerichtet wurden. Ausführlich beschäftigt sich sein Bericht mit den wundersamen Einzelheiten ihres Todes und er beschließt, die Gebeine der Glaubensbrüder in nicht-muslimischer Erde, in der Minoritenmission in China zu bestatten.

Ab nun mit 4 Skeletten im Gepäck führte ihn die weitere Schiffsreise entlang der indischen Südküste nach Ceylon (Sri Lanka), dann an die Ostküste Indiens, er hielt sich auf den Nikobareninseln im Andamanenmeer auf, berichtet von kannibalistischen Unsitten der "hundsköpfigen Bevölkerung", erreichte die Nordspitze Sumatras, reiste weiter durch die Straße von Malakka bis nach Java, etwa in die Gegend von Batavia, dann nördlich ins Gebiet des heutigen Kambodscha bzw. Vietnam und wanderte zu Fuß durch das legendäre und mittlerweile verschwundene Königreich Champa um schließlich durch verschiedene chinesische Provinzstädte (Jinghai, Quanzhou, Fuzhou, Quinsay, Nanjing, Yangzhou, Zhenjiang, Jinan) an den Hof des mongolischen Großkhan ins heutige Peking zu gelangen, wo bereits andere religiöse Repräsentanten, auch des Islam, gemeinsam mit Franziskanern (Johann von Montecorvino, erster Erzbischof von Peking) am höfischen Zeremoniell teilnahmen.

Einige Jahre hielt er sich in Cathay, so der mittelalterliche Name für das nördliche China, auf, bis er seine Rückreise, die ihn zuerst nördlich bis in die innere Mongolei, dann westlich an den Rand Tibets führte, und, ohne selber nähere Angaben zu machen, vermutlich an der Seidenstraße entlang über Afghanistan, Persien zurück nach Padua brachte, wo er 1330 eintraf.

Dort diktierte er seine Erlebnisse einem Mitbruder in lateinischer Sprache und machte sich anschließend, im Winter 1331 auf den Weg zum Papst in Avignon, um für eine weitere Mission in China die Erlaubnis zur Ausreise zu erhalten.

Der Reisebericht erzählt anschaulich von "Ochsen, die als Gott verehrt werden", Witwenverbrennungen in Indien, Kannibalismus, Pfefferanbau in Indonesien, sexuelle Ausschweifungen in Champa, Kormoranfischerei in Südchina, buddhistischen Reinkarnationstheorien und vom Hofzeremoniell in Khanbalique (Peking). Wir finden die noch heute in Tibet praktizierten Bestattungsmethoden durch Aasgeier ebenso wie ein Kapitel über den legendären"Alten vom Berge, der sich in seinem Garten Meuchelmörder (assassinare) hielt, später aber von den Tartaren entmachtet wurde".

Wegen der Unmittelbarkeit des Erlebten durch einen einfachen, wandernden Bettelmönch gilt der Reisebericht des Oderich von Portenau als bedeutsame Ergänzung zu Marco Polos "Divisament dou monde"; die Kirche würdigte ihn durch die Seligsprechung 1755, in der österr. wissenschaftlichen Forschung zur Entdeckergeschichte (vgl. Hugo Hassinger, Günther Hamann etc.) aber blieb jener erste Reisende in die entferntesten Kulturen bis jetzt merkwürdig unentdeckt!

© 1998 by Michael Pand

 

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