Michael Pand

News    Biografie    Fotos    Audio/Video/Shop    Texte    Privat    Home

Übersicht

Insider Tips aus Phnom Penh
 

Für den ambitionierten Südost- bzw. Weltreisenden dem Bangkok zu laut, Singapur zu langweilig und Hongkong, besonders im Hotelbereich, zu teuer geworden ist, empfiehlt sich ein Abstecher in das Königreich Kambodscha.

Obwohl das Land erst seit 1992 für Touristen geöffnet wurde kann man neuerdings von allen genannten asiatischen Metropolen direkt in die verhältnismäßig kleine Hauptstadt Phnom Penh fliegen, ohne Visum, denn dieses wird am Airport ausgestellt.

Apropos: nach über 20 Jahren Bürgerkrieg wurde der Flughafen zuletzt im Juli 1997 von putschenden Militärs in Schutt und Asche geschossen, aber erstaunlich schnell wieder aufgebaut. Eine erste Verwunderung, warum die meisten Autos, obgleich eine Art von Rechtsverkehr im Strassenbild erkennbar ist, auch rechts gesteuert werden, erklärt sich durch den Umstand, dass viele Fahrzeuge aus Thailand gestohlen wurden, wo bekanntlich Linksverkehr herrscht. Überhaupt verdichtet sich im kambodschanischen Strassenverkehr symptomatisch die ganze, d.h. aktuelle und politische Situation des Landes: es handelt sich um eine erfrischend und selten anzutreffende Form von Anarchie, insofern, dass es in praktisch allen Lebensbereichen derzeit noch (fast) keine Staatsgesetze, Reglementierungen und Vorschriften gibt, weil die Regierung gravierend andere Sorgen hat, -und wenn es welche gibt, dann brauchen diese nicht unbedingt eingehalten oder zur Kenntnis genommen werden.

Somit kann, wer Lust hat, auch im feinsten Restaurant eine Cannabis-Zigarette inhalieren, was beispielsweise in Bangkok oder Singapur bei Androhung einer mindestens 10jährigen Gefängnisstrafe nicht zu empfehlen ist. Ebenso mietet man sich für nur 5US$ pro Tag ein vietnamesisches Motorrad, mit dem man ohne Nummerntafel wochenlang an uniformierten Polizisten vorbeifährt, egal auf welcher Straßenseite, auch ungeachtet einer eventuellen Verkehrsampel, von denen es ohnehin nur 10 Stück in der ganzen Hauptstadt gibt. Tatsächlich würde ein europäisch-juristisch denkender Verkehrsteilnehmer wesentlich schneller in einen Unfall verwickelt werden als jemand, der sich den lokalen Verhältnissen, auch wenn sie sonderbar klingen, anpasst.

Hotels gibt es in allen Preisklassen: im besten, dem Le Royal (120 US$), wohnten zuletzt die beiden, seit kurzem "pensionierten" Massenmörder Khieu Samphan und Noun Chea, das sind jene beiden "Khmer Rouges"-Führer, die gemeinsam mit Pol Pot zwischen 1975-1979 fast ein Viertel der Bevölkerung durch forcierte Zwangsarbeit auf dem Gewissen haben. Dem zweitbesten Hotel (Sofitel Cambodiana) ist ein Spielcasino angeschlossen vor dessen Eingangstür jeder Besucher durch eine entsprechende Hinweistafel daran erinnert wird allfällig mitgebrachte Faustfeuerwaffen, inklusive Handgranaten, an der Garderobe abzugeben.

Dennoch ist Kambodscha in bezug auf "Gefährlichkeit" (Raub, Diebstahl etc) etwas besser als sein Ruf: noch niemals ist ein Tourist auf eine Antipersonenmine gestiegen, obgleich tatsächlich einige Millionen davon in den Reisfeldern vergraben sind. Dieses Problem betrifft nur die unter härtesten, fast unmenschlichen Bedingungen arbeitende Landbevölkerung. Bei den im vergangenen Jahr etwa einmal pro Woche "passierten" Raubüberfällen in Phnom Penh kamen die Opfer nach einer sofortigen "Geldspende" von 10-50US$, ohne weiteren Schaden zu erleiden, mit dem Schrecken davon. Und wenn ein Boot oder eine Fähre, mit der der kulturinteressierte Tourist nach Angkor Wat unterwegs ist, im Tonle Sap steckenbleibt oder ein Feuer ausbricht, kann man in den meisten Fällen auch ans Ufer schwimmen.

Unvergessen bleibt ein Besuch im "FCC", dem "Foreign Correspondents Club" von Phnom Penh. Das einstöckige, im französischen Kolonialstil errichte Gebäude mit Art Deco- Mobiliar hat anstelle von Fenstern große, offene Durchbrüche und bietet einen wunderbaren Blick auf den Fluss, oder, besonders bei Sonnenuntergang zu empfehlen, auf das im Khmer-Stil erbaute Nationalmuseum und den Königspalast. Der kontemplative Anblick dieser Architektur entschädigt für alle tagsüber erlebten Reiseunbequemlichkeiten.

In dem vergleichsweise sehr armen Land, es wird zu den zehn ärmsten der Welt gerechnet, gibt es keine wirklich gute, d.h. "authentisch kambodschanische" Küche. Nur im "Ponlok", einem chinesischen Restaurant direkt neben dem FCC, bekommt man für 3-10US$ sehr gutes thailändisches Essen, ebenfalls auf einem Balkon serviert und mit Blick auf den Mekong.

Da es bislang auch noch sehr wenig Strassenbeleuchtung gibt, ist von einem Besuch der zahlreichen Karaoke-Bars, genauer gesagt vor dem Nachhauseweg nach Einbruch der Dunkelheit, eher abzuraten.

Eine Ausnahme wäre das "Heart of Darkness" in der Nähe vom "Central Market", eine kleine, unscheinbare Bar mit geschmackvoll illuminierten, echt antiken und ca. 600 Jahre alten Bhodisattvas, vermutlich aus Angkor Wat, die auf internationalen Kunstmärkten ein Vermögen, jedenfalls mehr als das ganze Lokal, wert wären.

Doch alle Hotels, auch in der untersten Preiskategorie (ab 10US$), bieten mindestens 30-40 Satellitenkanäle im TV, sodass man abends bei 30 Grad Celsius Raumtemperatur, wenn die Klimaanlage wieder mal ausgefallen ist, sogar die Herrenabfahrt von Kitzbühel oder das Länderspiel Österreich-Spanien, sehr weit weg von heimatlichen Sorgen, durchaus geniessen kann.

© 2000 by Michael Pand

 

Übersicht

News    Biografie    Fotos    Audio/Video/Shop    Texte    Privat    Home