Michael Pand

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Pazifikrundreise
 

Bei den meisten Weltkarten die in Europa manche Büro- oder Zahnärztevorzimmer dekorieren, oder die der Fluggast gelangweilt überblättert während seine Maschine nach Miami oder Damaskus abhebt, ergibt sich, bedingt durch die rechteckige Grundform auf denen alle Kontinente Platz finden müssen, jeweils zwischen dem 180° Längengrad östlich, bzw. dem 140° westlich von Greenwich ein marineblaues "Niemandsland", das nur mehr den Reiseprofis, also Flugkapitänen, Mittelschullehrern oder Ozeanexperten ein geographisches Vorstellungsvermögen abverlangt.

Wer sonst könnte den seltsamen Slalomverlauf der Datumsgrenze, von den Antipoden- bis zu den Kommandeur-Inseln aufzählen? Und hat RAROTONGA, eine für Südsee-Insulaner wichtige Flughafenumsteigestelle auf den Cook-Inseln etwas mit der "Tonga-Gruppe" zu tun, nur weil beide zu Großbritannien gehören?

Irgendwo hinter Indonesien, soviel steht fest, und immer außerhalb des rechten Bildrandes, geht es irgendwie weiter mit Mikronesien, Polynesien und Melanesien.

"Wenn mich das thailändische Reisebüro nicht vermittelt hätte", anders gesagt: wenn nicht der Baht um 50% abgewertet worden wäre, hätte ich, bei dem in Österreich üblicherweise bezahlten Zeilenhonorar für Reiseberichte kaum einen Pazifik-roundtrip der von Bangkok nach Sydney, weiter nach Auckland, Fidschi, Hawaii, Los Angeles und über Taipeh und Hongkong zurück nach Thailand führte, rund 40 Flugstunden, zweimal über die Datumsgrenze, in Erwägung gezogen. So aber konnte, nein: mußte ich mich spontan und ohne die Nationalbibliothek zur optimalen, d.h. literarischen Vorbereitung auf Südseekulturen aufzusuchen in die nächste Alitalia Maschine setzen, die mich zuerst nach Australien brachte. Immerhin hatte ich noch ein Reclam-Bändchen "Häuptling Abendwind oder das greusliche Festmahl", eine indianische Faschingsburleske von Nestroy im Handgepäck.

Diese Satire von menschenfressenden, aber gemütlichen Wilden "irgendwo auf einer der fernsten Inseln Australiens" stimmte dann mit der auf Fidschi vorgefundenen Realität der jüngeren, d.h. dem Touristen vorgeführten Kulturgeschichte so bitterböse überein, dass man auf alle im nachhinein gelesenen "Dumonts" und "Polyglott"-Reiseführer durchaus verzichten kann.

Wenn auch die Fidschianer nicht gern an ihre kannibalischen Essgewohnheiten erinnert werden wollen, -in Erdlöcher gesotten wurden meist amerikanische Missionare (ein Häuptling brachte es auf 872 verspeiste Menschen im Laufe seines Lebens)- so blieben die Relikte jener Zeit, die vierzackigen Gabeln (weil Menschenfleisch durfte keinesfalls mit der Hand gegessen werden!) die großen Renner in den Souvenirläden.

Aber der Reihe nach: mit meinem "Non-visible-Visa", einem von der australischen Botschaft unsichtbar im Reisepass angebrachten elektronischen Code, ein postmoderner Gag, der die altmodische Stempelform auch künftig ersetzen soll, hätte ich um 5 Uhr morgens fast das Flugzeug verpasst: wie erklärt und begründet man dem ebenfalls noch verschlafenen Eincheckpersonal am Bangkoker Airport ein "unsichtbares Visum"? Das Telefon und die Zeitdifferenz zu Sydney, wo schon amtlich gearbeitet wurde, lösten das Problem: ich war am Zielort registriert, sodass ich mit der routinemäßig verspäteten Maschine mitfliegen durfte.

Noch einige Zeit schwebte der Verdacht möglicherweise doch im falschen Flugzeug zu sitzen in mir, weil vor, hinter und neben mir alle möglichen slawischen Sprachen gesprochen wurden und kein einziger Mitreisender so aussah, wie man sich die Aussis seit Crocodile-Dundee, also mit kurzen Hosen und Kaninchenfellhut, gemeinhin vorstellt.

Erst nach der Landung, bei der Gepäckausgabe, gab es keinen Zweifel: da waren sie, die Männer in kurzen Hosen die wie Pfadfinderveteranen aussahen, hatten niedliche Beagle-Hündchen an der Leine und diese schnüffelten nach illegal eingeführten Lebensmitteln. Das im Handgepäck vergessene Hustenbonbon wurde freundlich toleriert, gleich danach aber wurde mein ganzes Gepäck einer gründlichen, einstündigen Untersuchung unterzogen bei der ich die mir entgegengebrachte englische Höflichkeit solange erwiderte, bis es zu der Frage kam, ob ich bereit wäre, einen der mitgebrachten und dem Zollbeamten höchstverdächtigen Tennisbälle (!), der aufgeschnitten werden sollte, zu opfern(?). Meine Standhaftigkeit hatte Erfolg und obwohl es fast Mitternacht war, konnte ich von der bequemen Einrichtung, direkt mit dem Shuttlebus vom Flughafen ins Hotel geführt zu werden, Gebrauch machen.

Mit dem vagen, unverbindlichen Auftrag mir die Architektur von Harry Seidler anzusehen, begann ich meine Fußmärsche durch Sydney. Der gebürtige Österreicher gilt als einer der wichtigsten, wenngleich umstrittensten Architekten in Australien. Oft, wenn ich einen Passanten nach der Adresse eines bestimmten Gebäudes zu fragen hatte, genügte die Namensnennung "Seidler, Harry" um die Antwort : "you will see it, it´s the most ugly building in town" zu erhalten.

Mitten in Sydney liegt der wunderbare Botanische Garten von dem aus man bis zum unbestreitbar schönsten Gebäude der Stadt, dem Sydney Opera Haus spazieren kann.

Nach einem dieser Spaziergänge erlebte ich mein kleines Reise-"wunder": das zufällig richtige angesetzte Timing, genau im Dämmerlicht an den Pier zu gelangen, von dem aus man die Touristenattraktion zuerst nur aus der Entfernung erkennt. Danach aber, nach Einbruch der Dunkelheit, die wie überall im pazifischen Raum recht schnell passiert, beginnt das Gebäude blau und violett zu leuchten, und obgleich ich die Pyramiden von Gizeh, das Taj Mahal bei Vollmond und Angkor Wat bei Sonnenaufgang gesehen hatte, war diese dreiviertel Stunde in der die pazifische Nacht über Sydney heraufzog und das Bauwerk, umgeben von Wasser und auf einer winzigen Halbinsel gelegen zu leuchten begann, so bedeutend, poetisch und meditativ, dass sich schon deshalb die Reise nach Australien gelohnt hat.

Die meisten Touristen, sehr viele Deutsche wie mir vorkam, fahren sofort weiter ins Landesinnere, zumindest bis zu den Blue Mountains oder nach Queensland. Ich sah mir nur die Museen in Sydney an, weil ich der Auffassung bin, dass ich den Aborigines nicht bis in die Kochtöpfe in ihren Wellblechhütten schauen muss, um mich ihrer Kultur anzunähern.

Wer in Österreich kennt wohl einen "Ferdinand Bauer"? Dem bereits 1760 geborenen, dann nach Australien ausgewanderten und 1826 in Österreich verstorbenen Botaniker ist im Australian Museum eine permanente Ausstellung gewidmet, weil er in jahrzehntelanger wissenschaftlicher Arbeit, die früheste Flora- und Faunaforschung Australiens in meisterhaften Aquarellbildern festhielt, sodass die museale Würdigung: "Bauers Australian drawings are considered amongst the finest natural history drawings ever made" auch dem zufällig vorbeistreunenden Touristen, dem bereits beim Visaantrag jegliche Arbeits- und Studienaufnahme (!) im heutigen Australien bei Strafe untersagt ist, zumindest dahingehend nachdenklich stimmen sollte, wie in längst vergangener Zeit, als Einwanderer einfach drauflos forschten, zeichneten und arbeiteten, keine behördlichen Schikanen zur Verhinderung solcher Tätigkeiten im Wege standen.

Nach dem Besuch im Sydney Aquarium, dessen Besonderheit darin besteht, dass man unter dem Meeresspiegel die bunte Welt der Seesterne und Seepeitschen, Rochen und Korallen als Spaziergänger erleben kann, besuchte ich noch das Contemporary Art Museum und habe seither die Bedeutung der Farbe "ultramarinblau" die sich der Avantgardist Yves Klein patentieren ließ und dem eine Großausstellung gewidmet war, fortan unauslöschlich im Gedächtnis behalten.

Nicht zuletzt um in meinem Wiener Tennisclub einen gewissen Eindruck durch gezielt verschickte Postkarten zu hinterlassen, besuchte ich die "Sydney Open", sah Patrick Rafter und "unsere" Babsi Paulus, die sich bis in die 3.Runde hochkämpfte.

Mit New Zealand Air ging es weiter nach Auckland, der zweitgrößten Stadt in Neuseeland, die 1997 einer internationalen Jury zufolge zu den 5 besten Städten der Welt in bezug auf Lebensqualität prämiert wurde. Tatsächlich ist der allererste Eindruck, die Straße die vom Flughafen in die Stadt führt, das frische und unvoreingenommene Eintauchen in ein neues Land, die (banale) Frage nach der richtigen Bushaltestelle beispielsweise, für mich jedesmal so entscheidend und vorwegnehmend, dass ich mir eine "Slow Motion Technik", eine bewusst verlangsamende Betrachtungsweise vorgenommen habe, um möglichst alle Sinneseindrücke gleichmäßig und ruhig einwirken zu lassen, ohne sie zu bewerten.

Jetzt, einige Monate später sehe ich, obgleich ich vorerst nichts fotografierte, den nahezu glänzend-schwarzen Asphalt zwischen sanften, grünen Hügeln, ich erinnere mich an die frische und besonders gute Meeresluft bereits beim Verlassen des Flughafengebäudes, das milde Abendlicht und die ruhige und höfliche Art des Busfahrers, der jeden Gast bis zu seinem Hotel brachte, weil es in Neuseeland üblich ist, in kleineren aber bequemen und öffentlichen Minibussen in die Stadt und bis vors Hotel geführt zu werden.

Natürlich musste ich die ganze Zeit an Friedensreich Hundertwasser denken, der für Jahrzehnte ebendort seine Wahlheimat gefunden hatte und ähnlich wie in Sydney beschloss ich, nur in den Museen, Galerien und Kultureinrichtungen, eventuell auch in Botanischen Gärten, möglichst viel und komprimiert von dem, hauptsächlich dem europäischen Kulturkreis zugehörigen Land, das aber am weitesten entfernt von Europa liegt, zu entdecken.

Fündig wurde ich mit Gottfried Lindauer (1839-1926), einem in Pilsen geborenen Alt-Österreicher der in Wien in der Akademie am Schillerplatz studierte und dann, um nicht in die k&k Armee eingezogen zu werden, 1873 nach Neuseeland emigrierte.

Anders als in Europa wo jedermann von klein auf mit einem Überangebot an Kulturgeschichte konfrontiert ist, müssen die Neuseeländer mit den spärlichen historischen Dokumenten seit 1837, als in London die "New Zealand Company" gegründet wurde, entsprechend sorgfältig und bescheiden umgehen.

Zwar wurden die Inseln bereits 1642 von Abel Janszoon Tasman entdeckt, aber es dauerte weitere hundert Jahre bis sie von James Cook kartographiert wurden und erst um 1800 begannen Walfangschiffe allmählich in Neuseeland anzulaufen um sich noch weitere hundert Jahre lang mit den teilweise kannibalischen Ureinwohnern, den Maori, wilde Gefechte zu liefern.

Umso bemerkenswerter ist das Verdienst des Künstlers Lindauer, dass er zu einer Zeit, als die Maori noch eine wirkliche Bedrohung für die weißen Siedler darstellten, sein Talent, nämlich völlig naturalistisch, (im Stil eines Waldmüller oder Spitzweg) in Öl zu malen und porträtieren, nicht an neureichen weißen Neuseeländern ausübte, sondern alle Maori-Häuptlinge aufsuchte, um diese und ihre Lebensgewohnheiten für die Nachwelt festzuhalten.

Heute ist ihm in dem einzigen und größten Museum Aucklands, der "Auckland Art Gallery" eine ständige Ausstellung gewidmet, sein Leben ist in zahlreichen Büchern dokumentiert und Ethnologen, die in der neuseeländischen Maori-Geschichte forschen, benutzen seine Bilder, um Werkzeuge und Lebensgewohnheiten der Ureinwohner, die mittlerweile ganz gut in die Gesellschaft, hauptsächlich in den öffentlichen Dienst integriert wurden, zu studieren.

Neuseeland bemüht sich neuerdings, nach den offenkundig gewordenen Fehlern die durch die frühe Ausbeutung der Natur, die übertrieben einseitige Schafzucht und Rodung von Wäldern passieren musste, wie kaum ein anderer Staat im Pazifik um "grüne" Werte, also eine atomwaffenfreie Nachbarschaft, um Ökologie und eine möglichst intakte Vegetation der noch verbliebenen Regenwälder. Für naturambitionierte Rucksacktouristen oder Wildlife-Enthusiasten ist das "Land der weißen Wolke" aber nach wie vor das "schönste Ende der Welt".

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Fidschi - die nicht unlustig klingende und politisch unabhängige Bananenrepublik am 180. Längengrad, also genau an der Datumsgrenze, die man auf allen Weltkarten eigens um Fidschi herumzeichnen muss, um die Bewohner einer Insel (die nicht viel größer als NÖ ist) nicht mit 2 verschiedenen Wochentagen zwischen Sonnenauf- und -untergang in tägliche Verlegenheit zu bringen, war eine Enttäuschung! Es begann natürlich am Flughafen. Eine einzige Bank, die meist stundenlang geschlossen ist und in der ich Geld wechseln wollte, ein klappriger Bus der in die 150 km am anderen Ende der Insel gelegene Hauptstadt fährt und die extrem hässlichen Menschen, hauptsächlich die bärtigen Hundertkilo-Frauen, man findet ihr Konterfei auch auf den meisten Briefmarken und sie scheinen dem Schönheitsideal der Fidschianer zu entsprechen, ließen eine ungute Vorahnung entstehen.

Reizvoll, interessant ist mir nur die Südsee-Landschaft in Erinnerung geblieben. In anderen subtropischen Gegenden, beispielsweise Kambodscha das ich mehrmals bereiste und das außerhalb der Regenzeit immer braun und verkarstet daliegt, kommt Fidschi schon beim Landeanflug ungewöhnlich üppig-grün entgegen. Nadelbäume stehen wie selbstverständlich neben Palmen, ein weitgehend leeres, unbebautes Land in dem auch keine Reisfelder oder Plantagen Rückschlüsse auf menschliche Zivilisationswut zulassen.

Sofort drängt sich wieder der Verdacht der evidenten und noch vor hundert Jahren praktizierten kannibalischen Eßgewohnheiten auf: gab es dazu Beilagen, Nachspeisen etc? Die Forschung lehrt uns, dass ein bestimmtes Gemüse (solanum uporo) beigelegt und das "kluge Tier" (Nietzsche arbeitete zur selben Zeit am Zarathustra) in einem Erdofen gekocht wurde.

Die Hauptinsel Viti Levu ("großes Land") wird von eingewanderten Indern beherrscht, der Bevölkerungsanteil der Fidschianer ist unter 40%, allerdings gilt dies nicht für die 100 bewohnten Nachbarinseln, von denen jeder Reisende erzählt, dass nur dort das eigentliche, das paradiesische Fidschi zu finden wäre.

Wäre nicht die Schauspielerin Ellen Umlauf ("Kaisermühlenblues"), die mir in ihrer Villa ein Zimmer zur Verfügung stellte, zufällig in Fidschi gewesen, hätte ich keine 10 Tage lang durchgehalten. Gewohnt und verwöhnt von Thailand, wo man bequem ein Moped oder ein kleineres Auto für ein paar US$/Tag mieten kann, um selber Land und Leute zu erkunden, war die erste Überraschung, dass es nirgendwo auf Fidschi ein einspuriges Verkehrsmittel gibt, auch keine Fahrräder, keine Motorräder und die wenigen Autos sind aufgrund der Importsteuer so extrem teuer, dass sie nicht in Betracht kommen. Den normalen, hauptsächlich japanischen oder amerikanischen Touristen scheint es zu genügen, in ihrem Ressort zu sitzen oder mit organisierten Busreisen herumgeführt zu werden.

Mangels anderer kultureller Einrichtungen, wenn man von dem einzigen Museum in Suva absieht in welchem fotografierte (leider nicht ausgestopfte) Kannibalenhäuptlinge bzw. die verwendeten Eßwerkzeuge ausgestellt sind, besuchte ich die "University of the South Pacific".

Ein Drittel aller Studenten stammt aus den entlegensten Ecken der Südsee, weil diese Universität von insgesamt 12 Südseeländern gegründet und finanziert, dem begabten insulanischen Nachwuchs den Wissensdurst nach außerpazifischen Kulturen und Sprachen ermöglichen soll.

Es dürfte auch die einzige Uni der Welt sein, die laut Reiseführer "ständig" auf der Suche nach Hochschullehrern ist, doch muss diese Information, die mir der deutsche Direktor bestätigte, noch keinen zwingenden Rückschluss auf das akademische Niveau beinhalten.

Immerhin entdeckte ich im Media-Center der Uni eine hochmoderne Videoschnittanlage (AVID) die von einem jungen Deutschen bedient wird, der sowohl Ethnologe als auch Kameramann ist und der an einer 60 Minuten Dokumentation über das Nationalgetränk der Fidschianer, das leicht berauschende und medizinisch umstrittene KAVA (in Deutschland erhältlich) arbeitet.

Auffallend, und mit ein Grund warum mir Fidschi nicht zusagte, sind die extrem vielen christlichen Sekten, hauptsächlich Baptisten, Methodisten, Evangelisten etc., die überall in Form von Kirchen, Schulen, sozialen Einrichtungen präsent sind.

Um nicht missverstanden zu werden: ich respektiere selbstverständlich jedermanns religiösen Glauben, auch seine im Alltag praktizierte Hinwendung zu seinem Gott, seiner Kirche etc, solange ich selbst damit nicht behelligt werde. Aber wenn man sich schon beim Frühstück, nur weil es Landessitte ist, bekreuzigen muss (um nicht das Dienstmädchen zu beleidigen), wenn man an jeder Ecke, wo man besser eine überdachte Bushaltestelle gebaut hätte, denn es regnet andauernd in Fidschi, eine Kirche sieht, die immer von einer amerikanischen Mission, also einer Sekte getragen und begründet wurde, und wenn man überhaupt bei einem zahlenmäßig kleinen, einstmals autarken Inselvolk mitansehen muss, wie konsequent es den Missionaren gelungen ist alle vorchristlichen Lebensgewohnheiten radikal auszulöschen und in ihrem Sinne zu verändern, dann sind mir beispielsweise Buddhisten, die viel bescheidener auftreten, hundertmal lieber und symphatischer, als alle gottbesessenen Monotheisten, die den angeblich aus ihrem Herzen sprechenden Gott nicht für sich behalten können.

Für Hochzeitsreisende oder Frischverliebte die sich nur in ihrem Hotelzimmer einschließen wollen und außer schönen Stränden, Palmen, etc. keine weiteren touristischen Wünsche mitbringen, könnte Fidschi, immerhin 25 Flugstunden von Europa entfernt, ideal sein.

Als ich endlich in Hawaii ankam, wurde mir ein ganzer Tag geschenkt. Die Datumsgrenze nach Osten macht´s möglich, zurück bleibt ein seltsames Gefühl. Am selben Montag, als ich frühmorgens das Haus verließ, einen Tag lang quer über die Palmeninsel fuhr, letzte Souveniers einkaufte um spät abends das Flugzeug in Nandi zu erreichen, müde aber gut den relativ kurzen 6-Stundenflug durchschlief, kam ich abermals bei Sonnenaufgang am selben Datums-Montag in Honolulu an.

Wiederum brachte mich ein Shuttle-Taxi zum Hotel, doch diesmal auf einem 8-spurigen Freeway und der Fahrer bediente, während er den Wagen mit den Ellbogen (!) steuerte, zwei Handys gleichzeitig. Ich war in den USA. Die Preisunterschiede zu den vorangegangen Städten (Bangkok, Auckland, Suva) etc. sind so enorm, dass man besser nicht nachrechnet. Kaum ein Hotel unter 100 US$, der Waikiki Beach ist eine Enklave vorwiegend japanischer Touristen, aber es wird auch was geboten: elegante Einkaufsläden, freier Transport am Beach, bzw. nur ein US$ für ganz Honolulu und Umgebung im klimatisierten Bus und öffentliche Gratis-Tennisplätze, auf denen ich endlich zum Spielen kam.

Ständig wird man als Österreicher nach "Sound of Music" gefragt, es scheint dass dieses Musical die wichtigste Gedankenbrücke der Amerikaner zu Austria darstellt; aber andererseits: was wüsste der Durchschnittsösterreicher über Hawaii zu sagen? Immerhin besuchte der König von Hawaii 1881 Kaiser Franz-Joseph in der Hofburg und die latenten Separationsbestrebungen bzw. politischen Spannungen mit den USA seit der Annexion vor genau hundert Jahren sind mir noch nie in unseren Medien aufgefallen.

Hawaii gilt als klimatisch perfektes und mondänes Urlaubsziel, besonders für jene Gruppe von Weltreisenden, die gerne Geld ausgibt und nicht mit abenteuersuchenden Rucksacktouristen verwechselt werden möchte.

"Jack in the box", japanische Sushi-Restaurants, die Royal Hawaiian Band, eine typisch amerikanische Mischung die vor allem in Pearl Harbour kulminiert, wo japanische und amerikanische Touristen gleichermaßen hinpilgern, fotografieren, um sich Weltgeschichte, sozusagen im Spaziergang mit nach Hause zu nehmen.

Auf Los Angeles, dem Wende- und Höhepunkt meiner Pazifikrundreise, war ich durch einen monatelangen Berufsaufenthalt in Hollywood vor einigen Jahren ganz gut vorbereitet. Das erste Gesetz der Mega-Stadt: es gibt nur ein Verkehrsmittel mit dem du dich fortbewegen sollst, dein eigenes Auto, war mir noch in Erinnerung geblieben; aber ich war auch ein "Sinner" und habe meine "Identität", die California Driver License jahrelang nicht verlängern lassen, mehrere kleine Parkstrafen nicht bezahlt, und verschiedene andere Gebote, wie z.B. das Abbiegen bei Rot, die oftmals konträre Bedeutung der Bodenmarkierungen, namentlich bei doppelten Sperrlinien, die man auch überfahren darf, und manches andere glatt vergessen, oder verdrängt. Früher, als die Mehrzahl des Verkehrs noch von Chevrolets, Chryslers etc., also von den klassischen, manchmal chromblitzenden "Ami-Schlitten" die gar nicht schnell beschleunigen konnten, beherrscht wurde, als niemand außer der Polizei am Freeway schneller als 55 Meilen fuhr, da war "Car-Driving in LA" ein wahres Vergnügen. Hatte man am Freeway einen wichtigen Exit verpasst: no problem, sanft wechselte man die Spur und war bei der nächsten Ausfahrt schon wieder draußen.

Noch immer sind die Mietautos vergleichsweise billig, aber neuerdings fährt man in Kalifornien die wesentlich schnelleren japanischen Mittelklassewagen und dadurch ist für den Nicht-Ortskundigen ein gewöhnlicher Fahrstreifenwechsel, besonders am Abend, wenn die Schilder schlecht zu lesen sind, mit spürbaren Adrenalinausstößen verbunden.

Das neu eröffnete und von Richard Meier&Partners gebaute "Paul Getty Museum", eine protzende Kulturhochburg in den "mountains" 70 Meter über dem San Diego Freeway, ist am Wochende so stark besucht, dass man nur mit Sondergenehmigung auf den Parkplatz zugelassen wird. Die ausgestellten Objekte empfand ich, gemessen an dem Millionen-Dollar Neubau und der umständlichen Prozedur der Zufahrt so schwach und nichtssagend, dass mir das signifikante amerikanische Verhältnis von der Außen zur Innenwelt, also von Schale und Kern, als die wesentliche, die exotische und unüberwindbar problematische Kulturdifferenz zu Europa, einmal mehr verdeutlicht wurde.

Fassaden, Hauseingänge, Schaufenster "versprechen" in Los Angeles immer mehr, als sie in Wirklichkeit, d.h. gemessen an europäischen Qualitätsansprüchen, zu halten imstande sind. Wenn ein an sich gutes Hotel, wie das Le Rêve in West Hollywood schon 140 US$ pro Nacht für eine, zugegebenermaßen elegant und mit moderner Kunst dekorierte Suite verlangt, dann ist es doch kommerziell gesprochen kleinkariert, nochmals für die Benutzung des Parkplatzes 10 US$ extra dazuzuschlagen, zumal in allen umliegenden Strassen ab 22 Uhr nicht mehr geparkt werden darf (?).

In den Sony Columbia Studios sah ich in einem eigens für europäische Journalisten angesetzten "Screening" den schwächsten aller bisherigen Schlöndorff-Filme: "Palmetto", der noch nicht in Europa angelaufen war und wo ich gerne eine Wette einginge, daß sich demnächst viele Filmkritiker fragen werden (müssen), wie es grundsätzlich möglich ist, daß ein routinierter Regisseur dem ein Hollywood-Budget zur Verfügung stand, einen so missglückten Film zustande bringt. Danach, und angeregt durch meine Reisebegleiterin war nur mehr Architektur angesagt: das kleine Schindler-Haus, das vom Wiener MAK angekauft und als Museum geführt wird, hat mir sehr gut gefallen, (vielleicht auch, weil es mir gut erklärt wurde), aber Frank O. Gehry, Frank Lloyd Wright, Pei, Neutra und Rotundi, die weltweit namhaften Architekten-Stars werde ich wohl nie vom Baustil und mit freiem Auge erkennen oder unterscheiden können. Immerhin ist die "Crystal Cathedral" von Johnson&Burgee und das UFO-Haus in den Bergen von Beverly Hills jederzeit abrufbar im Gedächtnis geblieben.

Nach zwei erholsamen Tagen in der Wüste, Palm Springs und Desert Hot Springs, und zum Abschluss ein Besuch im wunderbaren Botanischen Garten "The Huntington", eine weitläufige Parkanlage die als "Art Gallery" geführt und zu den schönsten ihrer Art in ganz USA gezählt wird, mit 5000 verschiedenen Pflanzen, Kakteen, Joshua-Bäumen, Bonsai und englischen Gemälden des 18. und 19.Jh., alles vor dem Hintergrund der schneebedeckten Berge von Pasadena, war mein Abflug mit China-Air nach Taipeh angesagt. Nochmals über die Datumsgrenze, nochmals der abenteuerliche Flughafen von Hongkong, von dem aus die landenden Flugzeuge zwischen den Wolkenkratzern wie Meeresungeheuer in einem Aquarium auf die Glasscheibe des Gebäudes zusteuern, kam ich nach insgesamt 16 Flugstunden von Los Angeles zurück in die "Stadt der Engel" (so auch der alte Name für Bangkok), eben nur auf der anderen Seite des großen Teiches.

48 Stunden später, und weil das Fliegen in Asien immer billiger wird, kaufte ich mir schon wieder ein Ticket: diesmal nach Phnom Penh; - aber das wird eine andere Geschichte.

© 1998 by Michael Pand

 

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