Das
Zitat stammt von Gregory Bateson (Kybernetik) und wurde von Niklas
Luhman (Systemtheorie) oft verwendet. Einen Printessay als zweiwertiges
Bild beginnen zu lassen hat den Vorteil, dass der Leser in nuce
entscheiden kann ob das Thema für ihn von Belang sein könnte; der
Schreiber erspart sich die Mühe des ersten Satzes. Links also der König
von Thailand, rechts Ho Chi Minh im selben Medium Papiergeld. Der
monochrom leere Raum zwischen den Bildern bedeutet, dass König Sihanouk
fehlt. Er verbindet die genannten Exzellenzen so wie der Mekong, der
von Thailand durch Kambodscha nach Vietnam fließt. Norodom
Sihanouk war Monarch und Kommunist, viele Jahre befreundet mit Mao
Tsê-tung und Kim Jong-il, ebenso mit Pol Pot, der ihn ab 1975 nicht
liquidierte sondern im eigenen Palast gefangen hielt; danach meist im
Exil im kommunistischen Peking, zuletzt pensionierter König von
Kambodscha, seit einigen Wochen eingeäschert.
Tupaias sind indonesische Spitzhörnchen. In die Kultur- und
Medienwissenschaften wurden sie von Heiner Mühlmann im Kontext von
„Maximal Stress Cooperation“, einfacher gesagt : „Was
ist die Antriebskraft von Kulturen?“, eingeführt.
„Papiergeld“ wäre als saloppe Antwort nicht ganz falsch; denn hätten
die Amerikaner statt rot brennenden Napalmbomben tonnenweise graugrüne
Dollarnoten, die Brutto-Kriegskosten von etwa 3 Monaten, auf das
kommunistische Nordvietnam geworfen, wäre der insgesamt 30-jährige
„Indochina-Konflikt“ schneller, humaner beendet gewesen. Eine
empirische Behauptung die um 1970 kaum für den Villacher Fasching
getaugt hätte, von der sich jeder Tourist im heutigen Vietnam
umso leichter überzeugen kann.
Warum sich die Philosophie und Medientheorie für indonesische
Spitzhörnchen interessiert erfuhren wir in den Vorlesungen von Prof.
Sloterdijk: das im Kampf unterlegene Tier kann den Anblick des
erfolgreichen Rivalen nicht länger ertragen und stirbt in kürzester
Zeit wenn man es zwingt, das Siegermännchen überhaupt nur anzusehen.
Genau diese merkwürdige Übersensibilität unterscheidet die Species
„Tupaiidae“ von allen andern, kämpfenden Säugetieren. Ein im
Maximalstress, im Kampf auf Leben oder Tod unterlegenes Männchen,
welches in der freien Natur jederzeit den Fluchtweg aus dem Dilemma
findet, ist im künstlichen Raum, in einem vollständig vom
Siegermännchen abgetrennten Käfig nur dann weiter lebensfähig wenn man
ihm, beispielsweise durch einen Vorhang getrennt, den Anblick des
siegreichen Rivalen im Käfig nebenan erspart; andernfalls es nach
wenigen Tagen nicht an den körperlichen Verletzungen, vielmehr an Gram,
„Reflexion“ oder was immer in der kleinen anima (lat. Seele,
Atem, Lebenskraft) noch enthalten sein mag, zugrunde geht.
Im Kontext von Darstellender Kunst, hier als Metaphysik der
Gebärdensprache verstanden, hat mich diese Tiergeschichte tief berührt.
„Sein oder Nicht-sein“ wäre mithin auch die Frage „ob´s edler im
Gemüt, die Pfeil und Schleudern von Kulturnachrichten zu erdulden, oder
sich wappnend gegen eine Flut von VIP´s, Preisträgern, Ausgezeichneten,
durch Abschalten oder Auswandern, sie zu beenden....?“
Zwar geht es im menschlichen Alltagsleben normalerweise nicht um Leben
oder Tod, doch ist die Bedingung der Möglichkeit a priori gegeben.
Deshalb die Philosophie zur Metaphysik des Todes sehr unterschiedliche
Positionen beschreibt. Wittgenstein sagt lapidar : „Der Tod ist kein
Ereignis im Leben. Den Tod erlebt man nicht.“ Bei Heidegger ist der Tod
das Ende des Daseins, das Leben ist sozusagen ständig zum Tod hin
gespannt. Nur mit Hegels Gedanke „Die kraftlose Schönheit hasst den
Verstand, weil er ihr dies zumutet, was sie nicht vermag, nämlich den
Tod festzuhalten“ kann ich an die hohe Latte der Abstraktion „Vom
Unterschied, der den Unterschied macht“ weiter anschließen. Als
16jähriger HTL-Schulabbrecher war das frei gewählte Studium Schauspiel,
Reinhard-Seminar, zu Beginn der 70iger Jahre für mich geradezu
paradiesisch, ideal.
Während sich Gleichaltrige noch mit der Matura plagten wurde ich
bereits von großen Bühnen, ebenso vom ORF entlohnt und ging mit Susi
Nicoletti chinesisch essen. Ihr kam zu Ohren, dass ich mich in der
Linken Szene, bei Vietnam Demos ebenso bei den Anti Schah von Persien -
Protesten weitaus eifriger als im Unterricht engagierte. Während ihr
Sohn auf amerikanischer Seite Hubschraubereinsätze in Vietnam flog,
unternahm die „kraftlose Schönheit“, der Schauspiellehrling alle
Anstrengungen um als progressiv-links beachtet zu werden. Daher wurde
ich von der Grande Dame der österreichischen Bühnenkunst beim
Mittagessen pädagogisch korrekt zu meinem Weltbild befragt, auch
gewarnt in Hinblick auf ein zukünftiges Berufsleben, und dass man als
erklärter Kommunist nicht ohne weiteres ein USA- Visum erhält.
40 Jahre nach dieser Unterredung zeigt sich im Resultat der
Weltgeschichte, dass nahezu alles was uns damals zu Demos und
Kundgebungen auf die Wiener Ringstraße bewegte unglaublich einseitig
und falsch gesehen wurde. In stichwortartiger Aufzählung:
Mohammad Reza Pahlavi Schahanschah wollte den Staat vom Islam
abkoppeln, amerikanisieren. Würde er anstelle der nachgefolgten
Ajatollahs noch immer regieren, hätte die Weltgemeinschaft eine
Atomwaffensorge weniger, kein persischer Ehebrecher müsste sich vor der
Steinigung durch den Gottesstaat fürchten.
Über den ideologischen Marxismus-Leninismus lacht heutzutage sogar
das Politbüro in Peking, ebenso das sozialistische Vietnam, das
vorwiegend im nördlichen Landesteil, nachdem die Japaner 1945
kapitulierten, sich nur von der Kolonialherrschaft der Franzosen
befreien wollte. Daher Ho Chi Minh bereits vor 1945 mit den
Amerikanern, mit Roosevelt und Truman, nicht aber mit Stalin politische
Kontakte aufnahm, um die amerikanische Doktrin vom
„Selbstbestimmungsrecht aller Völker“ gegen die mit USA
verbündeten Franzosen (vergeblich) einzufordern. Frankreich aber wollte
um keinen Preis die Kolonie aufgeben, erst in der Schlacht von Dien
Bien Phu wurde diese Kriegsepoche entschieden. Im historischen
Rückblick erkennt man in Vietnam einen 30jährigen, ideologisch
inspirierten Bürgerkrieg, der Norden gegen den Süden, gesteuert,
bezahlt von USA, mit herben Verlusten auf allen Seiten, nach dessen
Ende der US-Dollar im ganzen Land zur Leitwährung aufstieg.
Baader-Meinhof und die RAF waren keine linken Helden sondern
psychopathische Verbrecher; auch wurden sie nicht in Stammheim
hingerichtet, vielmehr versteckten sie sich lange Zeit, wie von der
Bildzeitung oft unterstellt, in der DDR.
Israel hat mit den Vertreibungen und Enteignungen an der
palästinensischen Bevölkerung, den Verteidigungskriegen und der
systematischen Siedlungspolitik im okkupierten Territorium der Welt
gezeigt, dass eine den Holocaust überlebende Generation und deren
Nachfolger, also die Opfer schlechthin, nicht per se die besseren,
friedlicheren Menschen sind.
Was wäre überhaupt ein „besserer Mensch“ ? Zu Schillers Zeit glaubte
man ihn am Theater als moralische Anstalt zu finden. In meiner
Jugendzeit wurde er im israelischen Kibbuz, auch als Erntehelfer in
Cuba, danach bei Greenpeace Aktivisten vermutet.
Christoph Waltz, der 2 Jahre nach mir ins Reinhardt Seminar kam ist
jedenfalls der bessere Schauspieler; nicht nur weil er um Dimensionen
erfolgreicher ist, sondern weil er um 40 Berufsjahre rascher als der
Schreiber begriffen hat worauf es in der Filmkunst, insofern diese ein
Maximal-Stress-Subsystem der modernen Industrie-Gesellschaft ist,
ankommt: im richtigen Moment, am Set wenn die Klappe fällt,
künstlerisch einwandfrei zu funktionieren. Denn Filmproduktion, als
technisch- industrielle Fortsetzung der Fotografie und des menschlichen
Verlangens nach Abbildung von Welt, unterscheidet sich von allen
anderen schönen Künsten hauptsächlich durch enorm hohe
Herstellungskosten, also Kapital und Papiergeld, wie eingangs erwähnt.
Nach aristotelisch - zweiwertiger Logik, der Satz vom ausgeschlossenen
Dritten, müssten demnach sehr reiche Staaten wie Kuweit, Brunei mit
höchsten Pro- Kopf-Einkommen der Welt auch viele gute Filme produzieren
können?
Der Unterschied der den Unterschied ausmacht ist nicht das Geld/Kapital
als solches, dieses ist nur Agens, lat. ein Tuendes; in der Philosophie
die verursachende Kraft; in der Linguistik der handelnde Teil des
Satzes; im Königreich Thailand beispielsweise die Höflichkeit der
Bevölkerung.
Im heutigen Vietnam, faktisch ein Benzingemisch aus Kommunismus und
gleichzeitig Kapitalismus, kann meine Generation die Diskrepanz von
Lebensentwurf und Realität, von Ich und Welt, bestens, wenngleich mit
viel Bedauern, beobachten.
Michael Pand, Hainburg, www.michaelpand.com
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