Michael Pand

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Der Unterschied, der den Unterschied macht


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Das Zitat stammt von Gregory Bateson (Kybernetik) und wurde von Niklas Luhman (Systemtheorie) oft verwendet. Einen Printessay als zweiwertiges Bild beginnen zu lassen hat den Vorteil, dass der Leser in nuce entscheiden kann ob das Thema für ihn von Belang sein könnte; der Schreiber erspart sich die Mühe des ersten Satzes. Links also der König von Thailand, rechts Ho Chi Minh im selben Medium Papiergeld. Der monochrom leere Raum zwischen den Bildern bedeutet, dass König Sihanouk fehlt. Er verbindet die genannten Exzellenzen so wie der Mekong, der von Thailand durch Kambodscha nach Vietnam fließt.  Norodom Sihanouk war Monarch und Kommunist, viele Jahre befreundet mit Mao Tsê-tung und Kim Jong-il, ebenso mit Pol Pot, der ihn ab 1975 nicht liquidierte sondern im eigenen Palast gefangen hielt; danach meist im Exil im kommunistischen Peking, zuletzt pensionierter König von Kambodscha, seit einigen Wochen eingeäschert.

Tupaias sind indonesische Spitzhörnchen. In die Kultur- und Medienwissenschaften wurden sie von Heiner Mühlmann im Kontext von „Maximal Stress Cooperation“,   einfacher gesagt :  „Was ist die Antriebskraft von Kulturen?“, eingeführt.
„Papiergeld“ wäre als saloppe Antwort nicht ganz falsch; denn hätten die Amerikaner statt rot brennenden Napalmbomben tonnenweise graugrüne Dollarnoten, die Brutto-Kriegskosten von etwa 3 Monaten, auf das kommunistische Nordvietnam geworfen, wäre der insgesamt 30-jährige „Indochina-Konflikt“ schneller, humaner beendet gewesen. Eine empirische Behauptung die um 1970 kaum für den Villacher Fasching getaugt hätte, von der sich jeder Tourist im heutigen Vietnam  umso leichter überzeugen kann.

Warum sich die Philosophie und Medientheorie für indonesische Spitzhörnchen interessiert erfuhren wir in den Vorlesungen von Prof. Sloterdijk:  das im Kampf unterlegene Tier kann den Anblick des erfolgreichen Rivalen nicht länger ertragen und stirbt in kürzester Zeit wenn man es zwingt, das Siegermännchen überhaupt nur anzusehen. Genau diese merkwürdige Übersensibilität unterscheidet die Species „Tupaiidae“ von allen andern, kämpfenden Säugetieren. Ein im Maximalstress, im Kampf auf Leben oder Tod unterlegenes Männchen, welches in der freien Natur jederzeit den Fluchtweg aus dem Dilemma findet, ist im künstlichen Raum, in einem vollständig vom Siegermännchen abgetrennten Käfig nur dann weiter lebensfähig wenn man ihm, beispielsweise durch einen Vorhang getrennt, den Anblick des siegreichen Rivalen im Käfig nebenan erspart; andernfalls es nach wenigen Tagen nicht an den körperlichen Verletzungen, vielmehr an Gram, „Reflexion“ oder was immer in der kleinen anima  (lat. Seele, Atem, Lebenskraft) noch enthalten sein mag, zugrunde geht.

Im Kontext von Darstellender Kunst, hier als Metaphysik der Gebärdensprache verstanden, hat mich diese Tiergeschichte tief berührt. „Sein oder Nicht-sein“ wäre mithin auch die  Frage „ob´s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern von Kulturnachrichten zu erdulden, oder sich wappnend gegen eine Flut von VIP´s, Preisträgern, Ausgezeichneten, durch Abschalten oder Auswandern, sie zu beenden....?“

Zwar geht es im menschlichen Alltagsleben normalerweise nicht um Leben oder Tod, doch ist die Bedingung der Möglichkeit a priori gegeben. Deshalb die Philosophie zur Metaphysik des Todes sehr unterschiedliche Positionen beschreibt. Wittgenstein sagt lapidar : „Der Tod ist kein Ereignis im Leben. Den Tod erlebt man nicht.“ Bei Heidegger ist der Tod das Ende des Daseins, das Leben ist sozusagen ständig zum Tod hin gespannt. Nur mit Hegels Gedanke „Die kraftlose Schönheit hasst den Verstand, weil er ihr dies zumutet, was sie nicht vermag, nämlich den Tod festzuhalten“ kann ich an die hohe Latte der Abstraktion „Vom Unterschied, der den Unterschied macht“ weiter anschließen. Als 16jähriger HTL-Schulabbrecher war das frei gewählte Studium Schauspiel, Reinhard-Seminar,  zu Beginn der 70iger Jahre für mich geradezu paradiesisch, ideal.
Während sich Gleichaltrige noch mit der Matura plagten wurde ich bereits von großen Bühnen, ebenso vom ORF entlohnt und ging mit Susi Nicoletti chinesisch essen. Ihr kam zu Ohren, dass ich mich in der Linken Szene, bei Vietnam Demos ebenso bei den Anti Schah von Persien - Protesten weitaus eifriger als im Unterricht engagierte. Während ihr Sohn auf amerikanischer Seite Hubschraubereinsätze in Vietnam flog, unternahm die „kraftlose Schönheit“, der Schauspiellehrling alle Anstrengungen um als progressiv-links beachtet zu werden. Daher wurde ich von der Grande Dame der  österreichischen Bühnenkunst beim Mittagessen pädagogisch korrekt zu meinem Weltbild befragt, auch gewarnt in Hinblick auf ein zukünftiges Berufsleben, und dass man als erklärter Kommunist nicht ohne weiteres ein USA- Visum erhält.
40 Jahre nach dieser Unterredung zeigt sich im Resultat der Weltgeschichte, dass nahezu alles was uns damals zu Demos und Kundgebungen auf die Wiener Ringstraße bewegte unglaublich einseitig und falsch gesehen wurde. In stichwortartiger Aufzählung:

Mohammad Reza Pahlavi Schahanschah wollte den Staat vom Islam abkoppeln, amerikanisieren. Würde er anstelle der nachgefolgten Ajatollahs noch immer regieren, hätte die Weltgemeinschaft eine Atomwaffensorge weniger, kein persischer Ehebrecher müsste sich vor der Steinigung durch den Gottesstaat fürchten.

Über den ideologischen Marxismus-Leninismus lacht heutzutage sogar das  Politbüro in Peking, ebenso das sozialistische Vietnam, das vorwiegend im nördlichen Landesteil, nachdem die Japaner 1945 kapitulierten, sich nur von der Kolonialherrschaft der Franzosen befreien wollte. Daher Ho Chi Minh bereits vor  1945 mit den Amerikanern, mit Roosevelt und Truman, nicht aber mit Stalin politische Kontakte aufnahm, um die amerikanische Doktrin vom „Selbstbestimmungsrecht aller Völker“  gegen die mit USA verbündeten Franzosen (vergeblich) einzufordern. Frankreich aber wollte um keinen Preis die Kolonie aufgeben, erst in der Schlacht von Dien Bien Phu wurde diese Kriegsepoche entschieden. Im historischen Rückblick erkennt man in Vietnam einen 30jährigen, ideologisch inspirierten Bürgerkrieg, der Norden gegen den Süden, gesteuert, bezahlt von USA, mit herben Verlusten auf allen Seiten, nach dessen Ende der US-Dollar im ganzen Land zur Leitwährung aufstieg.

Baader-Meinhof und die RAF waren keine linken Helden sondern psychopathische Verbrecher; auch wurden sie nicht in Stammheim hingerichtet, vielmehr versteckten sie sich lange Zeit, wie von der Bildzeitung oft unterstellt, in der DDR.

Israel hat mit den Vertreibungen und Enteignungen an der palästinensischen Bevölkerung, den Verteidigungskriegen und der systematischen Siedlungspolitik im okkupierten Territorium der Welt gezeigt, dass eine den Holocaust überlebende Generation und deren Nachfolger, also die Opfer schlechthin, nicht per se die besseren, friedlicheren Menschen sind.

Was wäre überhaupt ein „besserer Mensch“ ? Zu Schillers Zeit glaubte man ihn am Theater als moralische Anstalt zu finden. In meiner Jugendzeit wurde er im israelischen Kibbuz, auch als Erntehelfer in Cuba, danach bei Greenpeace Aktivisten vermutet.
Christoph Waltz, der 2 Jahre nach mir ins Reinhardt Seminar kam ist jedenfalls der bessere Schauspieler; nicht nur weil er um Dimensionen erfolgreicher ist, sondern weil er um 40 Berufsjahre rascher als der Schreiber begriffen hat worauf es in der Filmkunst, insofern diese ein Maximal-Stress-Subsystem der modernen Industrie-Gesellschaft ist, ankommt: im richtigen Moment, am Set wenn die Klappe fällt, künstlerisch einwandfrei zu funktionieren. Denn Filmproduktion, als technisch- industrielle Fortsetzung der Fotografie und des menschlichen Verlangens nach Abbildung von Welt, unterscheidet sich von allen anderen schönen Künsten hauptsächlich durch enorm hohe Herstellungskosten, also Kapital und Papiergeld, wie eingangs erwähnt.
Nach aristotelisch - zweiwertiger Logik, der Satz vom ausgeschlossenen Dritten, müssten demnach sehr reiche Staaten wie Kuweit, Brunei mit höchsten Pro- Kopf-Einkommen der Welt auch viele gute Filme produzieren können?

Der Unterschied der den Unterschied ausmacht ist nicht das Geld/Kapital als solches, dieses ist nur Agens, lat. ein Tuendes; in der Philosophie die verursachende Kraft; in der Linguistik der handelnde Teil des Satzes; im Königreich Thailand beispielsweise die Höflichkeit der Bevölkerung.
Im heutigen Vietnam, faktisch ein Benzingemisch aus Kommunismus und gleichzeitig Kapitalismus, kann meine Generation die Diskrepanz von Lebensentwurf und Realität, von Ich und Welt, bestens, wenngleich mit viel Bedauern, beobachten.

Michael Pand, Hainburg, www.michaelpand.com  

 

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